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08. 07. 2023

Letztes Jahr, am 13. Juli 2022, veröffentlichte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) die Gigabitstrategie. Doch das Echo der Branchenverbände über die Umsetzung der Gigabitstrategie ist verhalten, um es gelinde auszudrücken.

 

Fruchtet die Gigabitstrategie der Bundesregierung?

Die Gigabitstrategie in Zahlen

Bis Ende 2025 sollen laut der Bundesregierung 50% der Haushalte über einen Glasfaseranschluss verfügen, wobei das Ziel bis 2030 die flächendeckende Versorgung von Glasfaser ist. Um die beiden großen Ziele zu erreichen, hat die Bundesregierung eine Art Todo-Liste aufgestellt, welche sich aus über 100 Maßnahmen zusammensetzt. Davon wurden bereits 61% beendet beziehungsweise abgeschlossen.

 

Aktuell verfügen über 67% der deutschen Haushalte über Zugang zu Gigabit-Internet. Dass der fortlaufende Ausbau der Glasfasernetze in Deutschland vorerst nicht gefährdet ist, belegt die Bereitschaft von Privatinvestoren und Netzbetreibern, in den Ausbau zu investieren und durchzuführen.

Pluspunkt: Branchendialoge

Der vom BMDV eingeführte Dialog zwischen Politik und der Branche zeigt, dass „hochleistungsfähige Netzinfrastrukturen“ nur gemeinsam machbar seien, betonte der VATM-Präsident David Zimmer. So finden regelmäßig Netzbetreiberdialoge, diverse Dialogforen sowie Branchendialoge statt.

Ambitionierte Ziele der Bundesregierung

Für den VATM-Präsident sind die hochgesteckten Ziele der Bundesregierung noch in weiter Ferne. So kommentierte Zimmer den aktuellen Stand der Gigabitstrategie wie folgt: „Durch die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung ist es noch herausfordernder geworden, diese Ziele zu erreichen.“ Zu den Zielen äußerte sich VATM bereits in einem jüngst veröffentlichten Bericht, wonach lediglich „bei anhaltend hohen Investitionen in den FTTH/B-Ausbau und ohne einen strategisch motivierten Glasfaser-Überbau bis Ende 2025 eine FTTB/H-Versorgungsquote von 50 Prozent zu erreichen ist.“

 

Aufgrund generell steigender Kosten, welche auch vor der Baubranche keinen Halt machen, würde das den Glasfaserasubau insgesamt verteuern. So geht der VATM-Präsident in naher Zukunft davon aus, dass „sich die Chancen für den eigenwirtschaftlichen Ausbau gerade im ländlichen Raum dramatisch verschlechtern.“

Die neue Förderrechtlinie

ANGA teilt die Meinung der Bundesregierung, nämlich dass Überbau nicht mit staatlichen Geldern finanziert werden sollte. Außerdem ist es ein Pluspunkt, wenn benachteiligte Gebiete priorisiert würden, damit auch in Gegenden Geld fließt, in die normalerweise Privatinvestoren keinen Cent hineinstecken.

 

Allerdings hat für ANGA die Investitionssicherheit der Privatinvestoren Vorrang: „Unsere Devise lautet klar: Privat vor Staat“, so der ANGA-Präsident Thomas Braun. VATM vertritt eher die Meinung, dass der privatwirtschaftliche sowie staatlich geförderte Ausbau besser aufeinander abgestimmt sein sollten. Dies hätte zur Folge, dass wirklich alle Haushalte nach Abschluss der Ausbauarbeiten angeschlossen sind und keine neuen Lücken entstünden.

Zu viel Bürokratie

Kritik kommt diesbezüglich von Bitkom, welcher die analogen Genehmigungsverfahren als überflüssig betrachtet. So kommt es aufgrund der „lahmenden Bürokratie“ zu Verzögerungen, was vor allem auf die Bearbeitung von Bauanträgen zutrifft. Aus diesem Grund appelliert Bitkom an die Bundesregierung, das „Bau- und Verwaltungsrecht“ vollständig zu überarbeiten, und die Antragsstellung zu verkürzen. Hierbei könne man sich die Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz zum Vorbild nehmen, welche die Genehmigungsverfahren bereits vollständig digitalisiert hätten. Beide Bundesländer haben das Breitbandportal eingeführt.

 

Laut VATM sollten die anderen Bundesländer den Einsatz des Breitbandportals übernehmen. Außerdem appelliert der Branchenverband, das Breitbandportal zu erweitern, um „wichtige Verwaltungsprozesse“ zu integrieren, welche zur Beschleunigung des Glasfaserausbaus beitragen. Der VATM-Präsident fügte ergänzend hinzu: „Der Ball liegt zwar im Spielfeld der Bundesländer, es ist aber die Kernaufgabe der Bundesregierung, die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die digitalen Infrastrukturen zu schaffen. Wir erwarten daher einen stärkeren Schulterschluss zwischen Bund und Ländern, wenn man es mit dieser Aufgabe ernst meint.“

 

Verlegungsmethoden von Glasfaser

Genauso sieht das der Branchenverband ANGA und fordert, dass die restlichen Bundesländer eine ähnliche Lösung übernehmen sollten, um effizientere Verlegemethoden schneller zu bewilligen. Dazu meinte der ANGA-Präsident: Die Standardisierung von Verlegemethoden „führt hoffentlich dazu, dass moderne Verlegetechniken wie Trenching künftig deutlich häufiger zum Einsatz kommen.“ Für VATM ist die bewilligte DIN-Norm, welche alternative Verlegemethoden definiert, „sehr erfreulich“. Denn dadurch ließe sich der Glasfaserausbau beschleunigen und kostengünstiger umsetzen.

Wettbewerbsverzehrung durch Überbau

Laut der Gigabitstrategie plant die Bundesregierung durch Regulierungen weiteren Überbau zu verhindern. Dieser Maßnahme schließt sich ANGA an, jedoch sollte die Telekom aufgrund ihrer Marktmacht „stärker durch die Bundesnetzagentur reguliert werden. Ein strategischer Doppelausbau konterkariert die Gigabit-Ziele der Bundesregierung.“

 

Ähnliche Lösungsansätze liefert VATM, indem Wettbewerbsbehörden durch Eingriffe den Überbau redzuieren können. Zudem zieht VATM eine Regulierung seitens der Bundesregierung in Betracht: „Hier muss die Bundesregierung schnellstmöglich aktiv werden“, appelliert der VATM-Präsident.

 

Darüber hinaus sorgt der Überbau für einen Twist zwischen Kommunen und Privatinvestoren. Sofern sich Investoren finden lassen, die bereit sind über 50 Milliarden Euro in den Ausbau der Kommune zu pumpen, kann ein Überbau „ihre Businesspläne“ zerstören, so VATM.

Für mehr Wettbewerb auf dem Markt

Laut VATM darf es zu keiner Konzentration von einigen wenigen Netzbetreibern kommen, wofür die Bundesregierung verantwortlich sei. So müsse der Zugang zum Telekommunikationsmarkt reguliert werden, um den Wettbewerb beziehungsweise die Vielfalt der Netzanbieter zu erhalten oder zu vergrößern. „Ansonsten ereilen uns beim Glasfaserausbau die gleichen Versäumnisse, die 25 Jahre nach der Liberalisierung des TK-Marktes dazu führen, dass wir eine sogar wieder wachsende Marktbeherrschung durch die Telekom beobachten“, so der VATM-Geschäftsführer Dr. Frederic Ufer.

 

Darüber hinaus müsste die Telekom mehr Transparanz bei der Deaktivierung der eigenen Kupfer-Netze zeigen. Dies sollte gar von der Regulierunbsbehörde begleitet werden, erwähnte der VATM-Geschäftsführer.

Open Access: Kostenbeteiligung

Zwar dürfen Telekommunikationsunternehmen, welche das Netz zur Verfügung stellen beziehungsweise gebaut haben, befristet ein Glasfaserbereitstellungsentgelt verlangen. Allerdings sei dieses Entgelt laut ANGA zu gering angesetzt. Stattdessen müsste dieser Betrag „auf die tatsächlich durchschnittlich entstehenden Kosten angehoben werden.“ Zudem sollten sich Netzbetreiber, welche über „Open Access“-Verträge, Zugang zum Glasfasernetz erhalten, zumindest an den „Kosten für die Aufschaltung“ beteiligen.

Knackpunkt: Unterseekabel

Laut der Bundesregierung sind zwei Drittel der Maßnahmen, welche auf die „Sicherheit, Resilienz und Nachhaltigkeit in Telekommunikationsnetzen“ abzielen, bereits abgeschlossen. Doch fehlt in den Berichten zur Evalulierung der Unterseekabel jede Spur.

 

Die Bedeutung der Unterseekabel ist dabei immens, da circa 99 % des Datenverkehrs zwischen den Kontinenten darüber übertragen werden. Berichten des Cybersicherheitsunternehmens Recorded Future zufolge, haben es Geheimdienste, Hacker sowie Saboteure auf die Unterseekabel abgesehen.

 

Physikalische Schäden können an den Unterseekabeln durch Fisch-Crawler oder Anker entstehen. Außerdem schließt Recorded Future vorsätzliche Angriffe nicht grundsätzlich aus.

 

Ein weiteres Risiko stellen chinesische Firmen dar. So beschäftigen sich zunehmend chinesische Firmen mit der Wartung und den laufenden Betrieb der Unterseekabel. Russland fordert gar, alle Unterseekabel zu dokumentieren, damit die Koordinaten der Unterseekabel veröffentlicht werden. Das Risiko besteht vor allem darin, dass sich die Weltmächte Russland und China zusammengeschlossen haben, was zu Spannungen mit Washington sorgt. So könnten die Unterseekabel Ausgangspunkt von russischen oder chinesischen Drohungen werden. Möglich ist auch, dass russische oder chinesische Hacker, die Datenströme ausspionieren, um Finanztransaktionen, wirtschaftliche, politische und militärische Daten abzufangen.

 

Abgesehen davon, können Hyperscale-Unternehmen wie zum Beispiel Google, Meta oder Microsoft ihren Einfluss auf die Unterseekabel ausweiten, was zu Monopolstellungen führt und die digitale Souveränität gefährdet. Wichtig für Europa sind zudem die Orte, wo die Kabel vom Meer aus, mit den Netzwerken des Kontinents verbunden sind. Sofern die Sicherheit vor Ort nicht gegeben ist, stellt dies ein Risiko dar. Außerdem managen die zuständigen Firmen den Netzwerkverkehr per Remote, sodass Angreifer dies ausnützen könnten.

Quelle: 8com, ANGA, Bitkom, BMDV, VATM
Bild Glasfaserrolle: © Stihl024 – Fotolia.com
Bild Verlegung Glasfaser in der Erde: © Sigtrix – Fotolia.com
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