Next Generation PON2 (NG-PON2)

Alles, was Sie über die nächste Generation der Glasfasertechnologie wissen müssen


Next-Generation PON2

Auch im Glasfaser-Netz findet ein stetiger, technischer Fortschritt satt. Die nächste Evolutionsstufe steht bereits vor der Tür und könnte Glasfaser-Anschlüsse auf 40-80 Gigabit (GBit/s) beschleunigen. Zum Vergleich: Heute sind es 1 bis 5 GBit/s, wobei die meisten Haushalte noch Tarife mit deutlich unter 0,5 GBit/s nutzen. Wir zeigen, was NG-PON2 besser macht, wann die Anschlüsse kommen und vieles mehr!


1. PON2: Die Zukunft der Glasfaser-Netze

Internet über Glasfaser soll schon bald das alte DSL ablösen. Immer mehr Haushalte werden auf leistungsfähiges, zukunftssicheres FTTH umgestellt. Was oft aber in der öffentlichen Wahrnehmung unbemerkt bleibt: die Technik dahinter entwickelt sich ebenfalls seit Jahrzehnten stetig weiter. „Glasfaser“ ist also nicht gleich „Glasfaser“. Im medialen Fokus stehen dagegen eher Wechsel im Mobilfunknetz, wie von LTE auf 5G. Im Glasfaser-Netz schreitet der Fortschritt nicht minder schnell voran!

Aktuell dominieren hierzulande Netze auf GPON-Basis. Das steht für Gigabit Passive Optical Network. Darüber können Haushalte momentan mit bis zu 2,5 GBit/s versorgt werden - bei maximal 1,25 GBit Uploadrate.

Mit dem nochmals verbesserten XG-PON1 sind es sogar 10 GBit/s und 2,5 GBit/s Up bzw. 10 GBit/s Upload im Fall von XGS-PON. Durch NG-PON2 soll sich die erzielbare Geschwindigkeit sogar auf über 40 GBit/s (Down & Up) vervielfachen! Möglich machen das, wie wir noch sehen werden, einige technische Optimierungen.

Fazit: NG-PON2 können also bestehende Glasfasernetze den Entwicklungen und Bedürfnissen in der Zukunft weiter gerecht werden und deutlich höhere Leistung erbringen.


2. Grundlagen: Was ist ein PON eigentlich?

Zunächst ist es sinnvoll zu verinnerlichen, was PON-Netze sind. Für die Anbindung der Kundenhaushalte/Häuser mit Glasfaser-Internet, werden sie über fiberoptische Kabel mit der Vermittlungsstelle des Netzbetreibers (OLT) verbunden. Zwischen dem OLT und dem Endkunden befindet sich noch ein optischer Splitter, der die Signale auf mehrere Glasfaserleitungen zum jeweiligen Endkunden teilt. Das sind dann die grauen Kästen am Strassenrand. Beim Nutzer selbst wandelt dann ein ONT (Optical Network Terminal) die optischen Signale zurück in elektrische, so dass diese z.B. per LAN weitergeleitet werden können.

Bei PON-Glasfasernetzen geschieht die Übertragung passiv, also ohne extra Stromzufuhr. Daher „Passives Optisches Netzwerk“! Nur an den Endpunkten sind aktive Geräte nötig, z.B. bei Ihnen in Form eines Glasfaser-Router oder Modems. Dank technischer Verbesserungen, werden die PON-Netze immer leistungsfähiger.

Im Gegensatz dazu gibt es auch aktive Netze – kurz AON. Diese sind hierzulande aber kaum verbreitet.


3. Vorteile & Potenziale für NG-PON2

Wie schon angedeutet, steigt mit den Next-Generation PON2-Netzen (ITU-T G.989.x) die realisierbare Datenübertragungsrate abermals deutlich. Von 10 GBit/s via NG-PON1 auf gut 40 GBit/s. Wohlgemerkt bei symmetrischem Upstream, also ebenfalls 40 GBit/s! Theoretisch könnten bei Nutzung weiterer Wellenlängen (8 Bänder) sogar bis 80 GBit/s machbar sein.

Bislang bieten derart hohe Geschwindigkeiten für Privatkunden freilich kaum einen Mehrwert. Bestenfalls einige Unternehmen würden profitieren. Aktuell lassen sich selbst 1-2 GBit/s daheim kaum sinnvoll vollständig ausnutzen. In 5-10 Jahren könnte das aber ganz anders aussehen. Die Bandbreitenanforderungen steigen kontinuierlich. Waren 2010 noch 50 MBit/s vollkommen ausreichend, sind heute 200-500 MBit/s durchaus „Mainstream“ geworden. Gerade in Mehrpersonenhaushalten kann der Bedarf bei simultaner Nutzung schnell die 100-MBit-Grenze deutlich überschreiten.

Moderne Datendienste, wie Streaming/IPTV in 8K oder später vielleicht sogar 16K, VR- sowie AR-Applikationen und Cloud-Dienste, verlangen nach immer schnelleren Anbindungen. Teilweise auch in Hinblick auf die Latenz (Reaktionszeit). Zudem werden sich, aller Wahrscheinlichkeit nach, noch neue Dienste hinzugesellen, an die heute noch keiner denkt. In erster Linie wird NG-PON2 aber zunächst für anspruchsvolle Business-Kunden interessant sein. Oder für die Anbindung von Mobilfunkmasten (5G/6G) bzw. Rechenzentren.

Infografik: Das bringt Next-Generation PON2

Der größte Pluspunkt verbirgt sich sozusagen hinter der exzellenten Zukunftssicherheit und den Möglichkeiten zur Skalierung. NG-PON2 kann zudem auf derselben Infrastruktur betrieben werden – sogar parallel mit älteren PON-Techniken. Das erleichtert die Umstellung bestehender Netze erheblich und verursacht nur geringe Kosten. Auch ältere, passive Komponenten lassen sich weiter nutzen. Lediglich die aktiven Hardwareelemente müssen gewechselt bzw. erweitert werden. Fazit: Die Effizienz der alten Netze wird mit NG-PON2 stark verbessert!


Vergleich der Generationen GPON XG(S)-PON1 NG-PON2
Downstream 2,5 GBit/s 10 GBit/s 40 GBit/s (typisch, via 4×10G TWDM)
Upstream 1,25 GBit/s 2,5 bis
10 GBit/s
40 GBit/s
(symmetrisch möglich)
Multiplexing TDM TDM TWDM (TDM + WDM)
Anzahl Wellenlängen 1 1 bis 8 (typisch 4)
dynamische
Bandbreitenzuteilung
eingeschränkt eingeschränkt ja (pro Wellenlänge)
Koexistenz mit älteren
Systemen
eingeschränkt ja via GPON ja, paralleler Betrieb möglich
Skalierbarkeit gering mittel hoch
Energieeffizienz pro Bit gut bei geringer
Last
mittel gut bei hoher Auslastung
Anwendungsbereiche Haushalte Haushalte, KMU Haushalte, Unternehmen,
5G-Backhaul
Zukunftssicherheit nicht sehr hoch mttelfristig gut sehr hoch

Tabelle 1: Vergleich der Generationen GPON, XG(S)-PON und NG-PON2


4. Gründe, Nutzen und Anwendungen für Next-Generation Netze (NGN)

Fassen wir also nochmal zusammen, was für NG-PON2 spricht. In erster Linie wird PON2 dem in Zukunft weiterwachsenden Bandbreitenbedarf befriedigen, den datenintensive Anwendungen voraussetzen. Zum Beispiel Virtual-Reality, Streaming (TV, Videokonferenzen) und Onlinegaming. NGN zielt aber auch auf niedrige Latenzzeiten (Echtzeitanwendungen verlangen nach sehr geringen Pingzeiten um 1 ms), mehr Stabilität bzw. Dienstqualität (QoS) ab. Die Netze werden also nicht nur schneller, sondern auch zuverlässiger, stabiler und ggf. auch resilienter.

Mit NGN können bestehende Glasfasernetze effizienter genutzt werden, bei Beibehaltung eines Großteils der Infrastruktur und Abwärtskompatibilität. Es lassen sich so mehr Kunden mit höheren Datenraten versorgen. Auch ist dank NG-PON2 eine Netzkonsolidierung möglich. Derart, dass dank höherer Reichweite weniger Vermittlungsknoten und zentrale OLTs benötigt werden. Das spart, neben Kosten und Material, natürlich auch Energie[1].

Im Vergleich zu DSL und älteren PON-Generationen sinkt ebenso der Stromverbrauch, was ebenfalls einen positiven Klimabeitrag bedeutet[2]. Aber auch „normale“ Glasfaser-Zugänge, z.B. über GPON, verursachen einen geringeren CO2-Abdruck, insbesondere bei datenintensiven Applikationen wie Videostreaming[3].

NGN-Infrastruktur legt auch den Grundstein für den Ausbau und Betrieb moderner, besonders schneller 5G- und bald auch 6G-Funkmasten. Etwa in Kombination mit mmWave-Wellen für Bandbreiten via Funk von deutlich über 2 GBit/s.

Achtung: XG-PON2 ≠ NG-PON2
Hier kann es schnell zu Verwechselungen kommen. Bei XG-PON2 handelt es sich um eine ehemals geplante Weiterentwicklung und als Nachfolger für XG-PON1 gedacht. Da sich der Grad der Verbesserungen hinsichtlich Datenrate und Skalierbarkeit aber in Grenzen hielt, wurde der Ansatz zugunsten von XG-PON2 nicht mehr weiter verfolgt.


6. NG-PON2 in Deutschland: Wer hat das schon bzw. wann kommt das?

Das Standard-Netz hierzulande ist aktuell (2025) GPON bzw. immer öfter auch XGS-PON. NG-PON2 wird bisher in Deutschland nicht vordergründig ausgebaut. Ähnlich wie 6G, befindet sich die Technik also noch in der Entwicklung bzw. Erprobungsphase. Etwa in Form von einigen Pilotprojekten oder Labor-Testumgebungen. Verizon führte bereits im Jahr 2015 einen Test durch und konnte dabei 10 GBit erzielen.

Seitens der wichtigsten Netzbetreiber, wie Deutsche Telekom oder Vodafone, ist noch nichts Näheres zu Plänen für eine NG-PON2-Einführung bekannt. Wahrscheinlich dürfte der Einsatz aber ab 2030-2035, auch im Zuge der Gigabit-Offensive, an Fahrt gewinnen[4]. Experten erwarten aber zunächst einen Rollout in dicht besiedelten Ballungsräumen, Gewerbekunden oder Campusnetze. Warum, werden wir noch unter Punkt 8 zeigen!

7. Technische Grundlagen: So funktioniert das

Im Gegensatz zu den Vorgängern, stechen vor allem zwei Punkte heraus, die bei NG-PON2 (ITU-T G.989.x)  weit höhere Datenraten ermöglichen und zusätzliche Verbesserungen bringen. So lassen sich auf einer Faser mehrere Wellenlängen parallel nutzen. Oder anders ausgedrückt, man schickt gleich 4 oder 8 Lichtstrahlen (4 oder 8) auf verschiedenen Wegen durch das Kabel. Sowohl beim Down- als auch Upstream wird in jeder Richtung mehr als eine Wellenlänge zur Übertragung eingesetzt. Durch diese Parallelisierung erhöht sich die mögliche Kapazität einer Faser beträchtlich!

Technische Grundlage bildet das sogenannte Wavelenght-Division-Multiplexing (WDM), gepaart mit Time-Division-Multiplexing (TDM) – kurz TWDM-PON. Wie die Bezeichnung schon nahelegt, erfolgt hier Multiplexing hinsichtlich der Zeit und Wellenlänge.

Ein weiterer Vorteil bei NG-PON2 ist, dass die Netzbetreiber die Last im Kabel bei Bedarf steuern und umverteilen können. Auch die Umstellung auf andere Wellenlängen ist möglich. Damit erhält das System die Möglichkeit, flexibler auf Störungen, Bedarfsänderungen bzw. Lastverlagerungen zu reagieren (Tunable Transceiver).

Technikvergleich GPON / XGS-PON NG-PON2
Wellenlängen nur eine 4 bis 8 per TWDM
Flexibilität gering hoch (dynamisch zuweisbar)
Bandbreite 2,5–10 GBit/s 40–80 GBit/s (theoretisch)
Koexistenz mit älteren Netzen eingeschränkt ja, auf derselben Faser
Ausfallsicherheit gering hoch, durch Wellenlängen-Redundanz

Tabelle 2: Was macht NG-PON2 technisch anders?


8. Herausforderungen, Kosten und Hürden

Noch ist NG-PON2 eher Zukunftsmusik! Insbesondere für Privatkunden rechnen wir nicht vor 2032 bis 2035 mit passenden Angeboten. Denn zuvor gilt es auch für die Netzbetreiber, einige Herausforderungen zu lösen.

Einerseits fragen Privatkunden nach wie vor relativ zögerlich schnelle Internetanschlüsse über 300 MBit nach. Ein Großteil hat noch Tarife bis 100 MBit/s im Einsatz. Laut Bundesnetzagentur waren das 2024 gut 93 Prozent aller Haushalte. Über 60% nutzen sogar noch das alte (V)DSL! Nur 2,5 Mio. haben einen Tarif mit 1 GBit/s oder mehr gebucht. Seit 2022 nahm die Nachfrage hier ca. 10% jährlich zu, also ziemlich zögerlich[5].

Bisher fehlt also schlicht der Bedarf für 3, 5, 10 oder gar 20 GBit/s. Zudem liegen die Preise im Premiumsegment weit über dem Niveau für normale Zugänge. Für 1-3 GBit/s sind heute im Schnitt 70 € bis 150 € zu zahlen. Pakete mit 200-500 MBit gibt es teils schon für unter 40 €.


Glasfaser-Kasten von der Telekom


Des Weiteren fehlt noch die technische „Reife“. Zwar wurde NG-PON2 längst (2015) von der ITU standardisiert (ITU-T G.989.x). Doch auch 10Jahre danach fehlt es am Markt an einheitlichen, massentauglichen Lösungen. Für die Umstellung brauchen die Netzbetreiber zudem entsprechend geschultes Personal.

Eine Netzaufrüstung ist natürlich auch mit Kosten verbunden. Neue NG-PON2 OLTs und ONTs sind weit teurer wie normale GPON oder XGS-PON Modelle. Aktuell betragen die kompletten Anschlusskosten pro Kundenhaushalt ungefähr 200 Euro, wenn im Gebäude bestehende Infrastruktur genutzt wird[6]. Experten der Dell’Oro Group gehen bei NG-PON2 von Faktor 3.5 bis 4 aus![7]

Ebenso dürften die Betriebs-, Wartungs-, und Monitoringkosten aufgrund der höheren Komplexität weiter steigen. Einsparungen sind allerdings auch möglich, da jede der alten Fasern dank NG-PON2 eine höhere Kapazität hat und (wie schon erwähnt) nicht mehr so viele OLT/ONTs benötigt werden.

Fazit: Viele Provider rüsten gerade auf XG(S)-PON um. Damit lassen sich bis zu 10 GBit/s erzielen (symmetrisch), was locker für die nächsten 10 Jahre im Privatkundensegment ausreichen dürfte. Daher ist eine rasche Umstellung auf PON2 eher unwahrscheinlich – maximal vielleicht in Form von Pilotprojekten in Millionenmetropolen wie Berlin oder München.


9. Entwicklung der PON-Netze

Ähnlich wie beim Mobilfunk, entwickelt sich die Glasfasertechnik seit Jahrzehnten stetig weiter. Den Anfang machte 1995 das sogenannte „BPON“ (ITU G.983), bei dem bereits gut 600 MBit möglich waren. Darauf folgte 2004 das heute noch aktuelle GPON, womit Anschlüsse bis 2,5 GBit/s übertragen können.

2010 folgte dann XG-PON1 für bis zu 10 GBit/s Down- und 2,5 GBit Uploadrate. 2016 wurde das nochmals verbesserte XGS-PON spezifiziert, was auch die Uploadrate auf maximal 10 GBit/s steigert. NG-PON2 wurde zwar schon 2015 von der ITU spezifiziert, aber erste ernstzunehmende Praxistest gibt es erst seit ungefähr 2020. Übrigens: Trotz das PON2 noch nicht mal im Einsatz ist, arbeiten die Ingenieure bereits an 25G/50G-PON, also für Glasfasernetze mit 25-50 GBit/s.

Technologie Standard Downstream Upstream Multiplexing Jahr (seit ca.) Status
BPON ITU G.983 622 Mbit/s 155 Mbit/s TDM 1995 veraltet
GPON ITU G.984 2,5 GBit/s 1,25 GBit/s TDM 2004 dominierend in DE
XG-PON1 ITU G.987 10 GBit/s 2,5 GBit/s TDM 2010 teilweise im Einsatz
XGS-PON ITU G.9807 10 GBit/s 10 GBit/s TDM 2016 zunehmende Verbreitung
NG-PON2 ITU G.989 40–80 GBit/s 40–80 GBit/s TWDM (TDM + WDM) 2020 Pilot-/Spezialanwendungen
25G/50G-PON ITU G.??? 25–50 GBit/s 25–50 GBit/s TDM ca. ab
2030
in Entwicklung/Test

Tabelle 3: Entwicklung der PON-Standards über die Zeit


Autor: Sebastian von Glasfaser-Internet.info

Autor: Sebastian

Experte für Glasfaser & Netzinfrastruktur

Ich beschäftige mich seit über 15 Jahren mit dem Ausbau digitaler Infrastrukturen in Deutschland. Auf dieser Seite teile ich fundiertes Wissen und aktuelle Entwicklungen rund um FTTH und Kabel-Internet.



auch interessant:

» Netzebenen beim Glasfaserausbau
» Was ist eigentlich Glasfaser?
» Open Access Modelle im Überblick


Quellen:

[1][2] PDF: Power Consumption Evaluation for Next-Generation Passive Optical Networks

[3] Umweltbundesamt

[4] Germany Passive Optical Network Market Benchmarks 2026 | Forecast 2033

[5] Bundesnetzagentur und nochmal hier

[6] EU-Documtent (Punkt 9.2)

[7] https://dgtlinfra.com/xgs-pon-fiber-based-technology/


weitere:
Nokia Whitepapter "ON Evolution for the Next Decade" und hier.

https://www.itu.int/en/ITU-T/studygroups/2017-2020/15/Documents/flyers/Flyer_ITU-T_G.989.pdf




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