s

Resilienz

Wie ausfallsicher und widerstandsfähig ist Glasfaser-Internet?


Ratgeber zur Widerstandsfähigkeit/Resilienz bei Glasfaser-Internetanschlüssen

Moderne Internetzugänge und Datennetze bieten das ganze Jahr über zuverlässig schnellen Zugang zum Internet. Sowohl zu Hause bzw. im Unternehmen oder dank LTE/5G natürlich auch mobil. Wie bei Strom und Wasser, machen sich die meisten Verbraucher aber keinerlei Gedanken um das „1 Prozent“. Also die kleine Restwahrscheinlichkeit, dass es doch einmal zu Ausfällen von Stunden oder sogar Tagen kommt. Wir zeigen, wie ausfallsicher bzw. resilient Glasfaser-Zugänge sind und was man zur Vorsorge tun kann.

1. Wie störungssicher ist mein Glasfaser-Anschluss?

Alles in allem sind Glasfaser-Zugänge extrem zuverlässig, soviel vorweg! Die Technik ist von allen Anschlussarten sogar die zuverlässigste und am widerstandsfähigsten! Im Gegensatz z.B. zu (V)DSL, haben externe Einflüsse wie Magnetfelder keine Auswirkung auf die Datenübertragung. Bei Mobilfunk (LTE und 5G) beeinflussen gleich eine Vielzahl von Faktoren die Internetverbindung negativ, sogar das Wetter.

Bei Stromausfällen sind aber (potenziell) leider auch die Glasfaser-Netze betroffen, zumindest wenn vom Netzprovider keine Schutzmaßnahmen getroffen werden. Zunächst muss man wissen, dass es mehrere Netzarchitekturen gibt, mit denen Haushalte per Glasfaser angebunden sind. In Deutschland dominieren sogenannte PON-Netze - PON steht für „Passives Optisches Netz“. Die Netzbetreiber nutzen zurzeit vor allem GPON und XGS-PON. In einigen Ländern, wie z.B. Österreich, sind dagegen auch aktive Netze (AON) im Einsatz. Hierzulande gibt es nur wenige Glasfaseranbieter die AON einsetzen, wie z.B. Stadtwerke München (SWM) oder Netcologne.

Die Besonderheit der PON-Architektur scheint auf den ersten Blick bereits die ideale Lösung für resiliente Netze zu sein. Denn zwischen dem nächsten Verteilerzentrum (Point-of-Presence samt Optical Line Terminal) und dem Glasfaser-Router des Kunden, braucht es zur Übertragung keinen Strom (daher „passiv“). Aber: Die Endstücke benötigen jedoch sehr wohl Strom! Also Ihr Router/Modem und der OLT (Optical Line Terminal) in der Vermittlungsstelle. Das Kernnetz des Providers sowieso.

Kommt es also zu einem weiträumigen Stromausfall, wäre keine Übertragung mehr möglich. Nur wenn sich der Ausfall wundersamer Weise zwischen der Strecke vom POP zum Kunden beschränkt, was aber eher unwahrscheinlich ist.

Entgegenwirken könnten die Netzbetreiber mit Notstromsystemen (USV), z.B. in den Vermittlungsstellen, Rechenzentren bzw. POPs. USVs in Form von Dieselgeneratoren oder Batteriespeichern.


2. Was tun die Anbieter zur Vorsorge?

Anbietern mit über 100.000 Teilnehmeranschlüssen werden nach der BSI-Kritisverordnung (BSI-KritisV) als Betreiber Kritischer Infrastruktur (KRITIS) eingestuft[1]. Dann gelten besondere Anforderungen gemäß §109 des deutschen Telekommunikationsgesetzes (TKG). Seit 2021 müssen Betreiber öffentlicher Netze (mit > 100K Anschlüssen) von anerkannten Stellen ein unabhängiges Prüfverfahren durchlaufen lassen, vergleichbar mit einer TÜV-Prüfung, wenn man so will. Das umfasst diverse Schutzmaßnahmen, auch solche gegen Stromausfälle. Etwa die Ausstattung mit Notstromversorgungen in Rechenzentren und POPs. Die Änderungen sollen die Resilienz der TK-Infrastruktur in Deutschland weiter verbessern.[2][3]


Rechenzentrum Symbolbild

Symbolbild Rechenzentrum



Aktiven Schutz bieten einerseits redundante Stromversorgungen, also gespeist durch zwei unterschiedliche Quellen. Notstromanlage (USVs) auf Batteriebasis können Ausfälle für ca. 1-3 Stunden überbrücken. Dieselgeneratoren sogar prinzipiell mehrere Tage.


Aber: In der Praxis werden solche Ausfallsysteme leider längst nicht flächendeckend installiert, insbesondere in ländlichen Regionen oder bei kleineren Netzbetreibern. Der Grund ist simpel: Kosten, Unterhalt und organisatorischer Aufwand sind für solche Unternehmen nur schwer zu stemmen. Zwar gilt §109 TKG zur Sicherung des Netzbetriebs auch für diese Betreiber. Die erweiterten Anforderungen nach BSI-Kritisverordnung mit Nachweispflichten und regelmäßigen Prüfungen greifen hier jedoch nicht. In der Praxis werden dann meist nur zentrale PoPs entsprechend mit Notstrom abgesichert, nicht etwa lokale Verteiler.

Wichtig in dem Zusammenhang ist, dass sich der Betreiber nach ISO 27001 richtet. Die Norm regelt das Informationssicherheitsmanagement. Bei Zertifizierung nach 27001, müssen Risiken wie Stromausfälle systematisch bewertet und passende Maßnahmen erfolgen. Hierzu zählen auch Vorkehrungen zur Aufrechterhaltung des Betriebs bei Ausfällen, z. B. durch unterbrechungsfreie Stromversorgung. Die Umsetzung ist aber freiwillig sofern nicht gesetzlich vorgeschrieben (KRITIS).


"Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Steigerung der Resilienz […] ist es, für den Betrieb relevante Infrastruktur mit Netzersatzanlagen sowie unterbrechungsfreier Stromversorgung auszustatten." – Bundesnetzagentur [4]

3. Lösung für Verbraucher und kleine Unternehmen

Den Durchschnittskunden wird es zwar ärgern, wenn bei einem Stromausfall auch kurz der Internetzugang nicht funktioniert. Für bestimmte Dienste und Unternehmen ist aber eine permanente, zuverlässige Versorgung extrem wichtig! Zum Beispiel für Alarmanlagen, Steuersysteme, Notrufsysteme für Senioren oder Unternehmenskommunikation aller Art.

End-Verbraucher können mit einigen einfachen Mitteln vorsorgen und die Ausfallsicherheit deutlich auf nahe 100% steigern:

3.1 Heim-Notstrom

Selbst wenn die Netzbetreiber zu 100% ihre Aufgabe machen und die Netze gegen Stromausfälle sichern. Auch Sie als Endverbraucher benötigen dann eine Notstromversorgung für den Weiterbetrieb z.B. des Glasfaser-Routers.

Solche Heim-USVs, auch "tragbare Powerstationen" genannt, gibt es schon länger zu kaufen. Sie sehen aus wie überdimensionale Autobatterien mit feschem Look. Leider sind Modelle, die Router oder sogar PCs für mehrere Stunden zuverlässig mit Energie versorgen können, ziemlich teuer. Ab ca. 1000 Euro ist man dabei. Günstigere Geräte um die 500 € erfüllen mitunter auch ihren Zweck, dann aber nur für ganz kurze Störungen unter 30 Minuten und mit weniger Watt-Power.

Wer über ein eigenes Haus mit Grundstück verfügt, kann auch auf kleine Dieselgeneratoren zurückgreifen. Modelle mit viel Leistung (>2000 Watt) gibt es schon für wenig Geld (~ ab 300-500 €) im Baumarkt.



Powerstation zur Notstromversorgung

tragbare Powerstation für zuhause oder auf Reisen



3.2 zusätzlicher Übertragungsweg (mehr Redundanz)

Zudem ist für den Fall der Fälle ratsam, einen redundanten Zugang vorzuhalten. Oder anders ausgedrückt: Wer auf eine permanente Internet- und Telefonverbindung angewiesen ist, sollte neben dem Glasfaser-Anschluss noch einen weiteren Übertragungskanal vorhalten.


Ideal als Glasfaser-Redundanz ist Mobilfunk. Funkmasten sind in der Regel gegen kleinere Stromausfälle per USV gewappnet. Allerdings besteht im Notfall schnell die Gefahr der Netz-Überlastung. Dennoch: Bereits mit einem LTE- oder 5G-Router, kostet zwischen 50 und 200 € und einer Prepaid-Karte, kann man sich vorbereiten. Prepaid-Karten mit 5G bieten in der Regel 15-50 GB für 4 Wochen, was in der Regel völlig ausreichen dürfte.


Funkmast auf dem Land neben Stromtrasse

Wer mehr Datenvolumen für den Ernstfall möchte, sollte einen 5G-Hotspot-Tarif in Betracht ziehen. Diese bieten mehrere hundert GB monatlich oder sogar unlimitiertes Datenvolumen gepaart mit schnellem 5G. Je nach Tarif sind hier 50 MBit/s bis über 1 GBit/s machbar.


Mobilfunk zuhause über einen 5G-Hotspot

Internet über ein 5G-Router für zuhause


4. Unser Fazit

Es gibt sowohl freiwillige Maßnahmen, als auch gesetzliche Vorschriften zur Absicherung der Kommunikationsnetze, allerdings mit Einschränkungen. Die Resilienz ist, wenn man so will, auch ein bisschen Glücksache und hängt vom Betreiber, Standort und Art- sowie Umfang des Stromausfalls ab. Alle, die eine Fallback-Lösung suchen, sollten als zweiten Kanal auf Mobilfunk setzen.


auch interessant:

» Wo und von wem wird das ausgebaut?
» Wird DSL bald abgeschaltet und was muss ich tun?
» Wie richte ich einen Glasfaseranschluss richtig ein?

Quellen:
[1] siehe siehe § 2 Abs. 10 i.V.m. Anlage 1 BSI-KritisV und § 8a BSIG (nachlesbar hier und hier)
[2] OpenKritis
[3] Beschluss Deutsche Bundestag
[4] Resilienz Telekommunikationsnetze PDF Bundesnetzagentur (Punkt 4.1.1)