Quanten-Internet

Was steckt hinter dem Zukunftsinternet und
welche Rolle spielt Glasfaser dabei?


Symbolbild Quanteninternet

Was wie esoterischer Hokuspokus klingt, ist tatsächlich reale Forschung: Das sogenannte „Quanteninternet“. Es handelt sich um nichts Geringeres als die Zukunft der Datenkommunikation. Glasfaser spielt dabei eine entscheidende Rolle! Was heute noch nach Science-Fiction klingt, macht bereits gute Fortschritte hin zu praxistauglichen Anwendungen, die die Welt verändern können. Wir zeigen, was dahintersteckt und warum Glasfaser-Netze dafür so wichtig sind.


Das klassische Internet von heute funktioniert im Prinzip wie ein großer, weltweiter Computerverbund über Kupfer- und/oder Glasfaserkabel. Darüber werden kleinste Informationseinheiten in Form von Milliarden Bits ausgetauscht. Jeder Buchstabe einer Webseite, jeder Ton eines Musikstücks, lässt sich auf kleinste 0/1-Folgen herunterbrechen. Das funktioniert mittlerweile so gut, dass selbst ultrascharfe Filme in 8K-Auflösung problemlos auf High-End Fernseher zu uns nach Hause kommen. Auch dank leistungsstarker Glasfaser-Netze mit bis zu 5000 MBit/s.

Doch das "alte Internet" hat einen entscheidenden Makel – selbst mit ausgefeilten Verschlüsselungen ist die Übertragung nicht 100% sicher. Quantencomputer machen bereits erhebliche Fortschritte und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sämtliche Verschlüsselungen, inklusive der von Bitcoin, geknackt werden können. Hier kommt das Quanteninternet ins Spiel!


Was ist „Quanten-Internet“?

Hier verlassen wir die gewohnte Welt von 0 und 1 und bewegen uns eine Ebene höher auf die von sogenannten Qubits. Im Micro-Universum der subatomaren Teilchen können Quanten, wie z.B. Photonen (Lichtquant) oder Elektronen, durch Überlagerung von Zuständen (Superposition) gleich 4 Zustände einnehmen. Neben 0 und 1 auch beides gleichzeitig. Ein weiteres essentielles Prinzip: Quanten können verschränkt werden. Die physikalischen Grundlagen sind kompliziert, das würde hier den Rahmen sprengen. Wichtig ist nur, dass man bei der Übertragung verschränkter Photonen direkt bemerkt, falls diese auf ihrem Weg zum Empfänger abgehört werden. Denn jeder „Lauschangriff“ würde die Verschränkungen beeinflussen bzw. aufheben. Das ist beim klassischen Internet nicht der Fall.

Grundprinzipien des Quanteninternets sind also Quantennetze, bestehend aus Quantencomputern (Verarbeitung), Quantenübertragungen (z.B. per Glasfaser), Quantenknotenpunkten (Verteilung), neuen Übertragungsprotokollen (Steuerung) und Quantenkryptografie (Quantum Key Distribution). Hauptziel ist eine 100% abhörsichere Kommunikationsverbindungen.

Schnelleres Internet (was ein positiver Nebeneffekt sein könnte) steht also nicht im Fokus, sondern vor allem die 100% abhörsichere Übertragung von Informationen. Für Whatsapp-Nachrichten ist das wohl vorerst kein Thema, aber es gibt zahlreiche superkritische Systeme, wo kompromisslose Sicherheit eine Rolle spielt. Zum Beispiel beim Militär, Kommunikation von Behörden, Botschaften, im Finanzwesen allgemein oder bei Maschine-zu-Maschine Netze (IoT) für kritische Infrastruktur.


Vergleich klassisches Internet Quanteninternet
Informationseinheit Bit (0 oder 1) Qubit, kann dank Superposition gleichzeitig 0 und 1 sein
Signalträger elektrische/optische Impulse in Kupfer, Funk oder Glasfaser Einzelphotonen oder andere verschränkte Quantenzustände
Verstärkung / Repeater elektrische/optische Verstärker können das Signal kopieren und verstärken kopieren verboten (No‑Cloning); es braucht Quantenrepeater mit Teleportation & Entanglement‑Swapping
Abhörbarkeit & Sicherheit Kryptografie basiert auf mathematischen Prinzipien; abhören bleibt unbemerkt
physikalisch abhörsicher: Messung zerstört Qubit‑Zustand; Abhöraktion wird bemerkt
Fehlerkorrektur Prüfsummen, FEC‑Codes; beliebig viele Kopien möglich Quanten‑Fehlerkorrektur auflogischer Qubit‑Ebene; sehr ressourcen­intensiv
Bandbreite (heute) weltweit > Tbit/s eher kBit bis MBit/s (QKD‑Links), Forschung zu höherem Durchsatz
Typische Anwendungen Web, Streaming, Social Media, Cloud, IoT abhörsichere Schlüssel, verteiltes Quanten­computing, ultrapräzise Sensornetze
Maturität (2025) voll ausgebaut, Milliarden Nutzer Labor‑ & Testnetze (Chicago 200 km, Delft–Den Haag 25 km, Satellit > 12 000 km)
Standardisierung TCP/IP‑Stack, hunderte RFCs erste Entwürfe für „Entanglement Distribution Protocols“ & Zeitsynchronisation
Ziel allgegenwärtige Grundinfra­struktur ergänzt das klassische Netz;
ersetzt es nicht
Protokolle & Standards TCP/IP‑Stack (HTTPS, TLS, BGP …) noch in Entwicklung: Entanglement‑Verhandlung,
Teleport‑Routing, QKD‑Suiten (BB84 u. a.), künftiges “Q‑TCP/IP”


Wie ist der Stand der Forschung?

Bereits weiter als man meinen mag! Allerdings ist die Entwicklung von Quantencomputern bereits auf einem höheren Level der Praxistauglichkeit angekommen. Beim Next-Generation-Internet gibt es aber noch viel zu tun.


In den Laboren lassen sich schon erste Quantennetze bauen. Europa und die USA entwickeln eigene Quanteninternet-Initiativen und China hat bereits einen Quantenkommunikationssatelliten (Micius). Physiker der Leibnitz Uni Hannover haben sogar einen Ansatz entwickelt, konventionelles Internet mit Quanteninternet zu vereinen. In Aachen konnte ein erster Quantenknoten (Diamant) für ein Labor-Quantennetz installiert werden. Solche Knoten sind auch im herkömmlichen Internet sozusagen zentrale Verteilungspunkte. Hier trifft der Datenverkehr von Internetprovidern auf andere Netze, wie von Google oder Amazon.


Welche Rolle spielt Glasfaser dabei?

Prinzipiell können Quantennetze auch über Elektronen (Funk) abgewickelt werden. Der Einsatz über Satellit wurde, wie schon erwähnt, bereits erprobt. Aber das zentrale Medium wird wegen der positiven Eigenschaften wohl Glasfaser werden. Hier können störungsfrei(er) größere Strecken überwunden werden. Zudem eignen sich masselose Photonen besser als Elektronen.


„Um das Quanteninternet Realität werden zu lassen, müssen wir verschränkte Photonen über Glasfasernetzwerke übertragen“, sagt Prof. Dr. Michael Kues, Leiter des Instituts für Photonik der Leibnitz Universität von Hannover in diesem Beitrag. Ein wichtiger Vorteil: Die Leitungen sind bereits da bzw. werden auch in Deutschland immer häufiger verlegt. Bis das Konzept des Quanteninternets praxisreif ist (~2030), dürfte hierzulande Glasfaser annähernd 100% verfügbar sein.


Photonen verschränkt per Glasfaser | Symbolbild

Photonen verschränkt per Glasfaser | Symbolbild



Auch die Deutsche Telekom konnte Anfang 2025 einen wichtigen Erfolg erzielen. Zusammen mit dem US-Unternehmen Qunnect gelang die Übertragung von verschränkten Photonen auf einer Distanz von 30 Kilometern mit 99 Prozent Präzision. Wohlgemerkt auf kommerziellen Glasfaserleitungen bzw. Netzen des Internetproviders, also realen Bedingungen. Auf Basis des Versuches können bereits echte Pilotanwendungen erprobt werden!

Doch nicht nur das! Der Telekom gelang die Datenübertragung auf einer Distanz von 82 Kilometern und über verschiedene Routen. Zum Einsatz kamen Glasfaserleitungen, die sogar weiter parallel für „normale“ Datentransfers genutzt werden. Die Techniker wählten für den Quantenstream die High-Fidelity-Verschränkungsverteilung auf dem O-Band (Wellenlänge 1260–1360 nm), während herkömmliche Daten meistens über andere Bänder laufen.

Das sind einige der offenen Herausforderungen

Wie wir nun wissen, eignen sich die Glasfasernetze ziemlich gut für den Transport verschränkter Photonen. Leider lassen sich diese bisher nur schwer stabil über größere Distanzen übertragen. Während klassisches Internet über Glasfaserleitungen problemlos durch den Atlantik führt (wenn auch mit Verstärkern), sind heute für Quanten-Qubits 100 km schon eine harte Nuss. Daher lässt auch die Effizienz und Zuverlässigkeit noch zu wünschen übrigen.

Weiterer Forschung bedarf es aus diesem Grund in puncto Skalierbarkeit und Fehlerkorrektur. Ebenso fehlen Routing‑Algorithmen/Protokolle wie das TCP/IP beim normalen Internet. Langfristig müssen zudem die Kosten stark sinken, so dass auch privatwirtschaftliche Akteure die Technik nutzen können.

Ebenso die Koppelung mit Quantencomputern ist schwieriger als man denken mag. Denn diese Computer arbeiten intern mit verschränkten Quantenpunkten, also Atomen. Zum Austausch müssen deren Verschränkungen auf verschränkte Transport-Photonen übertragen werden. Hierfür ist eine Art neues „Quantenmodem“ nötig.

Anwendungen in naher und ferner Zukunft

Die Telekom und andere Internetprovider werden mit Sicherheit bald schon abhörsichere Quanteninternet-Kanäle anbieten. Diese werden aber wohl tausende Euro monatlich kosten und zunächst nur etwas für Banken oder Regierungen sein.

In ferner Zukunft können damit hochsichere Quanten-VPN-Dienste Realität werden, um geheime Daten sicher zu übertragen – primär zunächst beim Militär wahrscheinlich. Auch Cloud-Quantencomputing wäre so denkbar und eine extrem exakte globale Zeitsynchronisation, was z.B. extrem wichtig für die Genauigkeit von GPS-Systemen ist.

Die meisten Anwendungen für das Quanteninternet sind aber wahrscheinlich noch nicht gedacht. Oder hätten Sie beim Empfang ihrer ersten Mail über eine Mailbox (die älteren Leser werden es noch kennen) an Netflix gedacht???


Wird das Quanten-Internet schneller?

Nein! Der Hauptfokus liegt bei dieser Technik nicht in der Beschleunigung der Informationsübertragung. Dafür gibt es andere Ansätze. Ziel ist vielmehr die Optimierung der Sicherheit. Quanteninternet-Übertragungen sind sozusagen 100% abhörsicher und nicht hackbar. In aktuellen Test- und Forschungssystemen sind solche Verbindungen sogar deutlich langsamer, also weniger als 1 MBit/s.

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